
Arzneistoffe und Gewässerressourcen
In unseren Gewässern befinden sich heute unterschiedlichste Schadstoffe. Laut Umweltbundesamt (UBA) wurden in Deutschland bis 2011 insgesamt 23 Wirkstoffe im Trinkwasser gefunden. Im Grundwasser wurden Spuren von 55 verschiedenen Arzneimitteln nachgewiesen. In Seen und Flüssen liegt die Zahl der gefundenen Wirkstoffe sogar im dreistelligen Bereich. Die Wirkstoffe sind in der Regel nur in sehr geringen Mengen nachweisbar. Trotzdem können sie zu dramatischen Auswirkungen führen: Pflanzen und Tieren werden geschädigt, aber auch Menschen können langfristig betroffen sein, wenn sich nichts ändert.
Daher wird die Problematik von Spurenstoffen zurzeit zunehmend thematisiert. Am 29. November hat Michel Dantin einen sehr interessanten Workshop zum Thema «Arzneimittelrückstände in der Umwelt» organisiert. Auf der Grundlage des gemeinsamen Leitmotivs „bessere Umsetzung des Vorsorge- und Verursacherprinzips“ wurden zahlreiche Interessenträger über Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung des Risikos für Umwelt und Menschen diskutiert.
Spurenstoffe in der aquatischen Umwelt gehen einher mit der zivilisatorischen Entwicklung der Gesellschaft und der damit verbundenen Verbesserung der Lebensqualität. Auch aufgrund des demografischen Wandels wird der Arzneimittelverbrauch auf lange Sicht vermutlich weiter zunehmen. Spurenstoffe gelangen auf höchst unterschiedliche Wege in die aquatische Umwelt. Häufig werden nicht mehr benötigte Arzneimittel über die Ausgüsse und Toiletten entsorgt. Humanarzneimittel gelangen indirekt über die menschlichen Ausscheidungen in das Abwasser. Um dieses Problem auf europäischer Ebene anzugehen, erarbeitet die Europäische Kommission derzeit eine Initiative zu pharmazeutischen Spurenstoffen in den Gewässern. In der dazu veröffentlichten Roadmap werden als Hauptziele die Identifizierung und Eliminierung von Wissenslücken sowie das Finden einer geeigneten Balance zwischen dem Schutz der aquatischen Umwelt und der Sicherstellung einer angemessenen und effektiven Arzneimittelversorgung der Patienten formuliert.
Um negative Effekte für Organismen und unnötige Wasserverschmutzung zu verringern, ist eine Vielzahl von Maßnahmen erforderlich. Mit korrektem Entsorgungsverhalten und verantwortungsvollem Gebrauch kann jeder einen eigenen Beitrag leisten. Allerdings treffen bei diesem Thema wichtige gesellschaftliche Bedürfnisse aufeinander: Auf der einen Seite steht das Bedürfnis, die Umwelt zu schützen, und auf der anderen Seite das Wohl der Patienten durch Nutzen des Gesundheitswissens mit seinem vielschichtigen Regulierungsapparat.